Mitteilungen an die Medien 2011
Gedenkveranstaltung "Reichskristallnacht" 2011
Als die Synagoge brannte
GEDENKEN: Förderverein erinnert an die „Reichskristallnacht“
Der Förderverein für jüdisches Gedenken Frankenthal erinnert in der Gedenk- veranstaltung „Reichskristallnacht“ am 9. November, 16.30 Uhr, im Rathaus Frankenthal (Foyer im Erdgeschoss) an die „Reichskristallnacht“. Die Nacht vom 9. auf 10. November 1938 bleibt den Juden weltweit als „Reichskristallnacht“ bis heute in Erinnerung. In 48 Stunden wurden in Deutschland mindestens 91 Juden ermordet, mehr als 1400 Synagogen und Beträume verwüstet und etwa 7500 Geschäfte geplündert.
Auch in Frankenthal wurde am Morgen des 10. November die Synagoge in der Glockengasse in Brand gesteckt. Der Brand der Synagoge war allerdings nur der erste Teil der schrecklichen Tragödie. Noch während die Feuerwehr die Flammen bekämpfte, zogen Frankenthaler Nationalsozialisten durch die Stadt und verwüsteten zahlreiche jüdische Geschäfte und Wohnungen. Ihnen folgte wenig später die Geheime Staatspolizei (Gestapo), die 23 Frankenthaler Juden in „Schutzhaft“ nahm, unter anderem Julius Abraham und Carl Schweitzer. Sie wurden am nächsten Tag in das Konzentrationslager Dachau bei München überführt.
Zahlreiche Frankenthaler wurden Zeugen der Zerstörungen und Plünderungen, die bis in die späten Nachmittagsstunden dauerten. Die jüdischen Frauen und Kinder wurden auf Anordnung der NSDAP-Gauleitung noch am 10. November aus der Pfalz ausgewiesen, unter anderem die Familie Schweitzer aus der Bahnhofstraße. Der Förderverein erinnert mit Fotos und Dokumenten an die Familie Schweitzer. Karl Schweitzer (1879 -1946) Mannheim übernahm das um 1876 eröffnete Geschäft von seinem Vater Isaak Schweitzer. Er heiratete die Katholikin Therese Paul aus Mannheim, wurde in der „Reichskristallnacht“ verhaftet und im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Wohnung und Geschäft wurden verwüstet. Die Familie Schweitzer überlebte die NS-Zeit im Haus von Heinrich Paul, Vater von Therese Schweitzer, in Mannheim. Der 1928 geborene Sohn Hans Schweitzer, von 1935 bis 1938 in der Pestalozzischule, musste als „Halbjude“ bei der Organisation Todt Zwangsarbeit leisten. Er lebt heute in New Jersey (USA). Der Vater starb bereits 1946 an den Folgen der Haft im Konzentrationslager.
Oberbürgermeister Theo Wieder erinnert an die Gräueltaten. Die Gedenkveranstaltung wird musikalisch umrahmt vom Cello Quartett der Musikschule Frankenthal. Nach einem Gang durch die Innenstadt endet die Veranstaltung auf dem Gedenkplatz in der Glockengasse. Dort stand bis 1952 die Synagoge.
Informationen im Internet: www.juden-in-frankenthal.de.
Verfolge des Nazi-Regimes
GEDENKTAG: Vortrag des Fördervereins für jüdisches Gedenken
Zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus organisiert der Förderverein für jüdisches Gedenken am Donnerstag, 27. Januar 2011, 19 Uhr, im Dathenushaus, Kanalstraße 6, einen Vortrag mit Fotos zum Thema "Lebensläufe in der NS-Diktatur - Politisch Verfolgte: Karl Huber und andere". Referent ist Rüdiger Stein, der sich seit mehreren Jahren mit den politisch verfolgten Menschen in Frankenthal beschäftigt.
Karl Huber, 1904 in Frankenthal geboren, war Mitglied der SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Von 1928 bis 1933 arbeitete er in Berlin bei den Städtischen Gaswerken. Als er nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933 seinen Arbeitsplatz verlor, kehrte er nach Frankenthal zurück. Aufgrund seines politischen Engagements verurteilte ihn das Oberlandesgericht München am 21. Juli 1936 wegen "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens" zu einem Jahr und fünf Monate Gefängnis. Unmittelbar nach Verbüßung seiner Haft kam er im Januar 1937 sofort in "Schutzhaft" in das Konzentrationslager Dachau bei München. Von dort aus wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar gebracht und war dort bis Kriegsende inhaftiert, weil er, so ein Schreiben der Politischen Polizei, nach wie vor ein "gefährlicher Staatsgegner" sei. Nach der Befreiung war er Zeuge im Entnazifizierungsverfahren des SA-Mannes, der ihn denunziert hatte. Eintritt frei.
Am Gedenktag wird seit 1996 an die Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden, aber auch an die anderen Opfer des deutschen Nationalsozialismus erinnert. Der damalige Bundespräsidenten Roman Herzog hatte den Tag eingeführt. Historischer Hintergrund ist die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die sowjetische Armee. Auschwitz steht symbolhaft für den Völkermord und für die Millionen Menschen, die durch das Nazi-Regime entrechtet, verfolgt, gequält oder ermordet wurden.
Am Mittwoch, 23. Februar, 19 Uhr, referiert Dr. Rainer Möhler, Historiker an der Universität Saarbrücken, im VHS-Bildungszentrum in der Schlossergasse über das Thema "Entnazifizierung in Deutschland und der Pfalz". Der Eintritt ist frei.
Am Donnerstag, 17. März, 19 Uhr, informieren Werner Schäfer und Herbert Baum vom Förderverein im VHS-Bildungszentrum in der Schlossergasse mit Fotos über die beiden "Jüdischen Friedhöfe in Frankenthal“. Eintritt frei. Internet: www.juden-in-frankenthal.de