Das Leben im Lager Gurs in den ersten Monaten

Die vielen Regenfälle im Herbst 1940 hatten den Boden total aufgeweicht und in ein Schlamm-Meer verwandelt. Vor allem die älteren Menschen konnten die Baracken kaum verlassen.

Am 24. und 25. 0ktober 1940 trafen die zirka 6.500 Frauen, Männer und Kinder aus der Pfalz, Baden und dem Saarland im Lager Gurs ein. Die Männer und die Frauen kamen in voneinander getrennte Lagerbereiche. Kleine Kinder blieben bei den Müttern.

 

Über Ankunft und Unterbringung schrieb die mit ihrem Mann Simon Straaß aus dem westpfälzischen Brücken verschleppte Hilde Straaß am 6. Dezember 1940 an eine befreundete katholische Familie in ihrer Heimat:

 

"Wir sind nach einer langen Irrfahrt von 4 Tagen und Nächten hier gelandet und sollten nach dem mittelländischen Meer kommen, da aber dorten so große Überschwemmung herrschte, ging es wieder zurück mit uns. Ich kann bis heute noch gar nicht recht denken. Wenn Sie mich sehen würden, ich bin nicht mehr der halbe Mensch, habe sehr abgenommen und meine Haare sind etwas grau geworden. In unserer Baraque sind 50 Personen, Frauen und Kinder. Die Männer sind in anderen Ilots untergebracht. Wir sind hier interniert und leben hinter Stacheldraht. Simon ist Krankenwärter bei den Männern im Roten Kreuz, und ich hatte am Anfang auch schon Nachtwache gehabt. Liebe Frau Staab! Wie würde ich Gott danken, wenn ich meine Oberbetten und Kissen da hätte. Wir liegen auf Strohsäcken auf dem Boden und die Decken geben nicht warm. Wir haben weder Tisch noch Stuhl und auch keine Fenster, nur Lucken, und wenn wir dieselben öffnen, haben wir Licht. Einen Ofen haben wir, aber sehr wenig Holz zum Heizen. Meine Schwester und Ruth sind aber auch bei mir. Wir haben dauernd Hunger und frieren auch sehr ...“.

 

Die Krankenschwester Paula Pfeifer (2.v.r.) konnte im August 1942 mit 55 Kindern mit einem Schiff von Lissabon in die USA emigrieren.

Am 22. Oktober 1940 arbeitete Paula Pfeifer aus Frankenthal als Krankenschwester im Jüdischen Krankenhaus  in Mannheim. Sie schreibt in einem Brief: 

 

"Sie kamen früh am Morgen und befahlen allen Angestellten und Patienten des Krankenhauses, in einer Stunde fertig zu sein. Sie brachten uns dann zum Mannheimer Bahnhof und steckten uns in einen Zug. Wir wußten nicht, was sie mit uns vorhatten. Wir fuhren den ganzen Tag und die ganze Nacht und nachdem wir in Frankreich angekommen waren, verluden sie uns auf Lastwagen und brachten uns ins Camp de Gurs. Leere Baracken mit Strohballen erwarteten uns.

 

 

Ab Frühjahr 1941 konnten die Menschen ihre Baracken nach und nach "wohnlicher" einrichten.

In der in New York herausgegebenen jüdischen Wochenzeitung Aufbau erschien Anfang 1941 ein Bericht des portugiesischen Rot-Kreuz-Delegierten F. Sahlmann, der eine Inspektionsreise in das Lager Gurs unternommen hatte. Seinen Ermittlungen zufolge befanden sich Anfang 1941 12.000 Internierte im Lager Gurs, das täglich höchstens für 8.000 bis 9.000 Personen Verpflegungsrationen erhielt.

 

Die Unterbringung sei miserabel. In einer kleinen fensterlosen Baracke ohne jede „Ventilation“ fand er 150 Menschen zusammengepfercht. Nach dem Eintreffen der badischen und pfälzischen Juden habe der Lagerkommandant trotz seines Ansuchens keine Erhöhung der Lebensmittellieferungen erhalten. „Die alten Leute sind natürlich besonders Krankheiten ausgesetzt ... Auch die Lage der etwa 500 Kinder ist erbarmungswürdig“. Sahlmann empfahl „die umgehende und reichliche Absendung von Lebensmitteln für besonders dringend. Nur so können zahlreiche Insassen vor dem Untergang bewahrt werden“.

 

Ab Frühjahr 1941 gab es im Lager zahlreiche Bildungs- und Kulturangebote.

Das Schweizer Kinderhilfs- werk (Cartel Suisse de Secours) sandte Schwester

Elsbeth Kasser, die bei der französischen Verwaltung eine Verbesserung der Barackeneinrichtung bewirkte und sonst viel Gutes tat. Sie wurde zu Recht als "der Engel von Gurs" bezeichnet.

 

Die jüdische 0rganisation für Lehrlingsausbildung 0RT schickte Werkzeug, das Unitarian Service Committee Medikamente sowie Möbel und Geräte für eine Zahnarztpraxis. Die CIMADE, eine protestantische 0rganisation, die Flüchtlinge betreute und der YMCA (CVJM) bemühten sich um ein kulturelles Angebot, eine Leihbibliothek wurde eingerichtet, kleine Konzerte und Lesungenstanden auf dem Programm.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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